Jürgen Ebach Gewalt in der Bibel Vortrag

Nicht den Frieden, sondern das Schwert!?
Drängende Fragen an Texte, die von Gewalt sprechen.

… Dass und wie in der Bibel von Gewalt die Rede ist, verstört viele, die ihren Glauben auf die „Schrift“ gründen, und für andere wird es zum Grund der strikten Ablehnung von Bibel und Kirche. Während manche Kritikerinnen und Kritiker in den Gewalttexten den vorherrschenden Ton der Bibel erkennen wollen und dann zu maßlosen Urteilen kommen, möchten andere, denen die Bibel wertvoll ist, das Thema gern klein halten. Wer die Psalmen nur aus den amputierten Fassungen kennt, die in den Gesangbüchern stehen, wird den Gewaltphantasien und Rachewünschen in manchen Psalmen gar nicht begegnen und die immer wieder inkriminierten Gewalterzählungen sind selten Predigttexte. Umso verstörender wirken sie dann auf die, denen sie in der Bibellektüre begegnen. …

In Mt 10,34 steht der Satz Jesu: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ … Der Satz formuliert keine Norm, sondern eine Folge; die Gewalt wird nicht propagiert, sondern als Erfahrung wahrgenommen. Die Unterscheidung von Norm und Realität erweist sich für die biblischen Gewalttexte als grundlegend. Sie zeigt sich oft erst beim zweiten Hinsehen. Es reicht nicht aus, ein biblisches Wort zu zitieren, sondern es bedarf genauerer Blicke auf die Kontexte und die jeweiligen grammatischen und literarischen Formen. Oft klingen biblische Worte und Geschichten auf den zweiten Blick ganz anders als auf den ersten. …