nakam (hebr.) – rächen, vergelten, ahnden; nekama (hebr.) – Vergeltung, Rache.
Anders als in unserem Sprachgebrauch bedeutet das Wort(feld) nakam in den Texten des AT kein affektgeladenes, außergerichtliches Tun, sondern ist als Ahndung eines Schadens im Bereich des Rechts und der Gerechtigkeit zu verstehen. Das AT kennt Situationen der Blutrache (z. B. 2 Sam 3,27), grenzt diese aber durch gesetzliche Regelungen auf die Vergeltung vorsätzlichen Mordes und auf die des Mordes Schuldigen selbst ein (Lev 19,18; Dtn 24,16). Dadurch dass der Täter oder die Täterin in einer der Asylstädte Zuflucht suchen kann, bis über Totschlag oder Mord entschieden wird, wird Blutrache zur Sache der öffentlichen Rechtsprechung (Jos 20,1-9; Ex 21,12-14; Num 35,9-34; Dtn 19,1-13). Lev 19,18 fordert einen Verzicht auf Rache und formuliert im nächsten Satz das Gebot der Nächstenliebe, das im NT von Jesus zitiert wird (Mk 12,31).
In vielen Psalmen wird Gott angefleht, das erlittene Unrecht zu rächen und sich als Gott der Vergeltung zu erweisen (Ps 94,1; vgl. Nah 1,2). Die Menschen, die so beten, tun dies in Situationen tiefster Erniedrigung und Ohnmacht. Sie schreien verzweifelt um ein Ende der Gewalt, und ihre Rachewünsche sind als Protest, Anklage und Hilfeschrei zu hören. Die Äußerungen von Vergeltung und Rache können ein wirksames Mittel sein, Traumata und Verletzungen zu verarbeiten, sie in Sprache zu fassen und dadurch an einer Bewältigung zu arbeiten, die nicht auf Rache und erwiderte Gewalt hinauslaufen muss. Die Betenden legen die Rache in Gottes Hand; allein Gott ist es vorbehalten, die Täter und Täterinnen zur Verantwortung zu ziehen (Ps 58,11 f). Ziel ist es, die ↑ Gerechtigkeit wieder aufzurichten. Die Aussage Rache und Heimzahlung sind an mir
(Dtn 32,35) bringt dies pointiert zur Sprache und wird im NT aufgenommen (vgl. Röm 12,19; Hebr 10,30). In der Bibel tritt Gott für Gerechtigkeit ein, d. h., Gott hört die Hilferufe der in Not Geratenen (Ex 3,7-10; Ps 22,5 f; Lk 1,25.46-55; 18,7 f, vgl. Offb 6,9-11) und verhilft ihnen zu ihrem Recht. Die eigene Reue und die Reue der Menschen liegen Gott am Herzen (Hos 11,8 f; Ex 34,6 f; Ps 78,38; 85,3-5). (U. B.)