dodeka (griech.) – zwölf, die Zwölf, die gesamte Gemeinschaft.
dodeka ist ein griech. Zahlbegriff (12), der verwendet wird, um eine kollektive Größe zu benennen. Es stellt sich die Frage, ob diese Größe zwölf konkrete Personen umfasst oder darüber hinausgeht, was mittels einer Übersetzung sichtbar gemacht werden sollte. In der Bibel in gerechter Sprache wird der Begriff dodeka mit Zwölf
übersetzt, bis auf eine Ausnahme (Mt 26,20): die gesamte Gemeinschaft
.
Die Bezeichnung Zwölf
begegnet vor allem als eigenständiger Begriff, der nicht durch JüngerInnen oder ApostelInnen ergänzt werden muss. Er stellt einen Zusammenhang zwischen der Nachfolgegemeinschaft und den zwölf Stämmen Israels her (Gen 29,31 – 30,24; 35,22-26; 49; Dtn 33; Mk 13,27; Apg 7,8). Zehn davon (das Nordreich) wurden im 8. Jahrhundert aus ihrem Land vertrieben und endgültig zerstreut. Die Erinnerung an sie blieb fortan lebendig und mit ihr die Hoffnung auf die Wiederherstellung des Israel der zwölf Stämme. Damit verbunden war die Sehnsucht nach Befreiung von Krieg und Gewaltherrschaft (Mt 19,28).
Es ist nun zu fragen, wie sich das NT (vor allem Evangelien und Apostelgeschichte) die Zwölf
vorstellt. Durch die Namenslisten wird nahegelegt, dass es sich um zwölf Männer handelt, deren Namen jedoch wechseln (Mk 3,16-19; Mt 10,2-4; Lk 6,14-16; 1 Kor 15,5; vgl. Apg 1,13; 7). Die Befunde sind jedoch mehrdeutig, denn es wird mehrfach in der fortlaufenden Erzählung zwischen den Zwölf
, den ↑ mathetai, Jüngerinnen und Jüngern
und allen
gewechselt, wobei aber dieselbe Gruppe gemeint ist und die Bezeichnungen nahezu austauschbar sind (z. B. Mt 26,20: die Zwölf; V. 26: mathetai; V. 30f: alle; V. 56: alle mathetai; vgl. Mk 14,16: mathetai; V. 17: die Zwölf). Diese Gruppe ist nicht vom Volk abgegrenzt und teilt mit ihm die Unzuverlässigkeit und Verletzbarkeit durch politische Repression (z. B. Mk 14,43-47.50.66-72).
Besonders in der Darstellung der Mahlgemeinschaft wird der nicht-exklusive Charakter der Verwendung des Begriffes Zwölf
deutlich. Unstrittig ist in der wissenschaftlichen Diskussion, dass die Zwölf
als kollektiver Begriff eine größere Gruppe von Frauen und Männern, verschiedene Generationen, Lebende und Tote repräsentiert – aber wie wird diese Repräsentanz gedacht: ausschließlich durch 12 Männer oder stellte man sich schon bei den Zwölfen
eine größere kollektive Gruppe vor? Ein heutiges Beispiel für eine solche umfassend kollektive Vorstellung ist der Begriff die (deutsche) Elf
– der aktuelle Kader für ein Länderspiel umfasst schon einmal mindestens 23 Personen, in der Geschichte der Elf
Generationen von SpielerInnen. Und sind es Männer oder Frauen? Mit der Frage der Übersetzung kommen spätere kirchliche Hierarchien ins Spiel, in denen das biblische Verständnis nicht mehr präsent war. Die Zwölf
dien(t)en als Legitimation eines exklusiven Amtsverständnisses, das Frauen ausschließt und durch die christliche Ikonographie (zwölf männliche Jünger um Jesus am Abendmahlstisch) verfestigt wurde. Mit dieser war die Vorstellung verbunden, nach dem NT hätte es nur (zwölf) männliche Apostel gegeben (vgl. aber Röm 16,7). Dass die Jüngerschaft Jesu einen weiten Kreis von Frauen, Männern und Kindern umfasst, wird heute vielfach gesehen, doch mit der Tradition der Zwölf wird auch heute für das NT von vielen die historische Annahme verbunden, die Texte redeten von zwölf Männern.
Im Kontext der Abendmahlserzählung übersetzt Mt 26,20 dodeka mit: die gesamte Gemeinschaft
. Diese Übersetzung ist als vorläufige Problemanzeige gedacht. Sie macht den kollektiven und nicht-exklusiven Charakter des Begriffes Zwölf
sichtbar, nicht aber explizit den Bezug auf die Wiederherstellung der zwölf Stämme Israels. Die Abendmahlsgemeinschaft ist nach den Evangelien offen für alle. Sie ist Ausdruck der Vision, dass das Volk Israel und die Völker der Welt zusammengehören. (L. S.)