Schon im Vorwort zur ersten Auflage steht es festgehalten: Die BigS ist auf Fortsetzung angelegt, ja, sogar: Sie ist in dem Moment revisionsbedürftig, in dem sie erscheint.
(S. 26) Diesem Grundsatz fühlen sich die Herausgebenden wie Übersetzenden nach wie vor verpflichtet. Die Übersetzungen der BigS sind nicht in Stein gemeißelt, sie laden ein zum Gespräch, zur Diskussion und zur Weiterarbeit in verschiedenen Formen und an verschiedenen Orten.
Ein zentraler Ort, an dem immer wieder neu um die für jetzt angemessene Wiedergabe biblischer Texte gerungen wird, ist seit Jahrzehnten die Übersetzungsgruppe für die Deutschen Evangelischen Kirchentage. Hier wurde einerseits das Fundament für das Projekt BigS überhaupt gelegt. Andererseits arbeiten auch weiterhin immer wieder und immer noch Menschen aus dem BigS-Kreis in der jeweiligen exegetischen Gruppe mit. Aus diesem Grund finden sich an dieser Stelle der BigS-Website viele Materialien von Kirchentagen – und wir freuen uns schon darauf, welche Ergebnisse aus der Übersetzungswerkstatt für Stuttgart wir demnächst an dieser Stelle präsentieren können.
Und die dritte Portion ‚Weisheit‘ für den heutigen Tag: Christl Maier gibt Impulse zur Weisheit als Person.
Was sind weise Frauen, wer wird in biblischen Texten so genannt – und wie hängt all dies zusammen mit der Rede von der personifierten ‚Frau Weisheit‘?
Und noch eine weitere Bibelarbeit zu Koh 3:)
… auf dass wir klug werden…!
Aber wie reden eigentlich biblische Texte von und über Dummheit und Klugheit? Welche Facetten, welche Assoziationen, welche Fragen werfen sie auf?
Jürgen Ebach stellt klug biblisch-vielstimmiges vor – auf dass wir nicht dumm bleiben;)
Und noch eine Bibelarbeit – diesmal vom Freitag: Gedanken zu Koh 3,9-13 – in die auch Grundfragen von Übersetzung mit einfließen.
Ursula Rapp lädt ein zu einem informativen Blick auf die Konstruktionen von Weiblichkeit in biblischen Weisheitstexten, wie sie sich z.B. in der Kontrastierung ‚gute vs. böse Frauen‘ zeigen.
Ein Gleichnis, das beim Lesen Fragen um Fragen aufwirft:
Hat er oder hat er nicht? Also, Geld veruntreut?
Und: Betrügt er eigentlich seinen Herrn?
Und: Kann/darf das wahr sein, dass Jesus ausgerechnet diesen merk- und fragwürdigen Charakter als Vorbild anpreist?!
Spannende Überlegungen, Ideen, Anfragen dazu gibt es in der Bibelarbeit zu lesen, die Johannes Taschner gemeinsam mit (ehemaligen) Schüler*innen gehalten hat.
Im ‚Zentrum Juden und Christen‘ gehen die beiden Exegeten der titelgebenden Frage nach, indem sie die reformatorische Rechtfertigungslehre mit dem 2014 von der EKD publizierten Text „Rechtfertigung und Freiheit“ zusammen bringen – und beide auf der Basis biblischer Texte wie auch nachbiblischer jüdischer Überlieferung kritisch in Frage stellen.
Ist diese Frage an sich überhaupt sinnvoll? Und wenn ja, wie dann?
Was bedeutet es, die Schrift, also die jüdische Bibel, als Auslegungsraum und Vorgabe der neutestamentlichen Schriften zu lesen?
Wie lässt sich heute sachgemäß vom Verhältnis AT-NT reden?
Klaus Wengst geht auf dies und mehr kurz ein und kommt zum Schluss zu (s)einer (vorläufigen) Antwort: „Ob wir im Blick auf die identischen Teile von jüdischer Bibel und Altem Testament dieselbe Bibel lesen, hängt davon ab, wie wir sie lesen. Genauer: ob wir Christinnen und Christen es lernen, unsere Bibel im Hören auf jüdisches Zeugnis und also im Bewusstsein der Gegenwart Israels zu lesen.“ (S. 5)
Zehn junge Frauen – Egozicken vs. Schusselchen oder Umsichtige vs. Rationiererinnen? Bibelarbeit zu Mt 25,1-13 (Jan-Dirk Döhling u. Kerstin Schiffner)
Einer der Texte, die Fragen um Fragen aufwerfen, Klischees ansprechen, uns ärgern, uns dann auch zwingen, die Gedanken im Kopf die Richtung ändern zu lassen (wozu bekanntlich der Kopf rund ist, sagt schon Tucholsky…;)
Neugierig? Dann viel Freude beim Lesen der Bibelarbeit, gehalten von Jan-Dirk Döhling (Pfr. im Präsesbüro der Ev. Kirche von Westfalen) und Kerstin Schiffner (ESG-Pfr.in in Dortmund und Mitherausgeberin der BigS)
Dr. Marlene Crüsemann / Prof. Dr. Frank Crüsemann
Am Anfang, an diesem Anfang von allem, was Jesus die Menschen gelehrt hat, am Anfang also der großen Bergpredigt steht eine Liebeserklärung. Wie alle wahren Liebeserklärungen ist sie einfach, aber mit einem sehr komplexen Hintergrund, eine Offenbarung von großer Klarheit und doch ein bisschen rätselhaft … Und wenn jemand sie vernimmt, der oder die selbst darauf gewartet hat, dann gehört sie zu den größten Wundern: …
…Paulus nennt diese Todesstrukturen, in die alle eingebunden sind, hamartia – Sünde, strukturelle Sünde. Der gesteigerte Fleischkonsum war im römischen Reich das gezielte politische Mittel, das ausgebeutete Volk ruhig zu halten. Paulus weiß dass er in dieses System eingebunden ist. Er analysiert ganz genau die Machtstrukturen des Imperium Romanum und sieht, wie alle mitmachen, mitmachen müssen, um zu überleben. In bewegenden Worten klagt er darüber, wie auch er selbst sich verstrickt fühlt, eingebunden in die globalen Unrechtszusammenhänge, hilflos, ohnmächtig, weil die eigenen Anstrengungen wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirken (vgl. Röm 3,10-18; 7) Wie kann die Kraft für eine wirkliche Veränderung wachsen? Und welche Rolle spielt unsere Theologie und kirchliche Praxis in diesem Zusammenhang? …
Der Name Gottes in den Kirchentagsübersetzungen und in der Bibel in gerechter Sprache
Workshop von Dr. Marlene Crüsemann
„Geheiligt werde dein Name“ – das Vaterunser mit dieser ersten Bitte beten wir, auch in jedem Gottesdienst, oder, wie es in der Übersetzung für den Dresdner Kirchentag1 heißt, dem Predigttext für den Schlussgottesdienst: „Dein heiliger Name werde wirksam“. Alle Beteiligten der jeweils neuen Kirchentags-Übersetzungen seit Ende der achtziger Jahre und dann bei der ‚Bibel in gerechter Sprache’2 sehen das Ziel ihrer Arbeit darin, das Bewusstsein für die Heiligkeit des Gottesnamens in den christlichen Kirchen zu fördern – und auch auf diese Weise mitzuhelfen, dass neu und weiterhin geschieht, was wir beten. „Dein heiliger Name werde wirksam“. …
„Anders ist die Auferstehung“ so lautete der Titel einer Veranstaltung, die auf dem ökumenischen Kirchentag in München stattgefunden hat. Die Texte von Prof. Dr. Sabine Bieberstein, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt und PD Dr. Claudia Janssen, Frauenstudien- und -bildungszentrum in der EKD, Hofgeismar, und einen Beitrag von Prof. Dr. Luise Schottroff, Kassel, finden Sie hier.
… Es ist geht darum, wieder so von Auferstehung reden zu lernen, dass spürbar wird, dass es ums Leben geht, um Erfahrungen der Zerbrechlichkeit des Lebens und der Überschreitung von Grenzen – von der Hoffnung auf die Gegenwart Gottes. Ich glaube, dass viele Menschen ein Gefühl davon haben, dass unser Leben nicht auf das Vorfindliche beschränkt ist, dass es größer und weiter ist. …
Wir sehen ein rätselhaftes Spiegelbild (1 Kor 13,9‐13)
… Ich sehe ein rätselhaftes Spiegelbild. Ich sehne mich nach Auferstehung und Gerechtigkeit, weil ich weiß, dass die Toten und die Gewalt in meinem Leben nicht auf sich beruhen bleiben werden. Ich könnte auch sagen, dass Gott über die Schmerzen der Toten und die Ungerechtigkeit nicht hinwegsieht. Ich sehe ein rätselhaftes Spiegelbild und das tröstet mich und gibt mir Kraft. Ich finde, ein rätselhaftes Spiegelbild ist schon sehr viel. Mehr muss ich eigentlich nicht wissen. …
… Der Bogen Gottes in den Wolken ist ein Zeichen der Erinnerung an die Katastrophe und ein Zeichen des Bundes, in dem Gott sich verpflichtet, niemals wieder eine solche Zerstörung der Lebenswelt zu bewirken.
Das womöglich Bemerkenswerteste dabei ist: Gott setzt diesen Bogen zuerst als ein Erinne-rungszeichen für sich selbst in die Wolken. Der Bogen wird zum Denkmal, ja er wird für die-sen „Rainbow Warrior“, zum Kriegerdenkmal, freilich in der Lesart eines Imperativs: „Krie-ger, denk mal!“ Das Symbol also gibt zu denken; es gibt auch Gott zu denken. Aber warum muss Gott sich ein solches Erinnerungszeichen machen? Kann Gott denn etwas vergessen? Ja, lautet von unserer Geschichte her die Antwort, Gott kann sich vergessen! Und damit er (oder sie) sich nicht noch einmal vergisst, nicht noch einmal in grenzenlosem Wutschnauben ver-nichtet, was nicht so ist, wie es sein soll, macht sie (oder er) sich jenes Zeichen …
Nicht den Frieden, sondern das Schwert!?
Drängende Fragen an Texte, die von Gewalt sprechen.
… Dass und wie in der Bibel von Gewalt die Rede ist, verstört viele, die ihren Glauben auf die „Schrift“ gründen, und für andere wird es zum Grund der strikten Ablehnung von Bibel und Kirche. Während manche Kritikerinnen und Kritiker in den Gewalttexten den vorherrschenden Ton der Bibel erkennen wollen und dann zu maßlosen Urteilen kommen, möchten andere, denen die Bibel wertvoll ist, das Thema gern klein halten. Wer die Psalmen nur aus den amputierten Fassungen kennt, die in den Gesangbüchern stehen, wird den Gewaltphantasien und Rachewünschen in manchen Psalmen gar nicht begegnen und die immer wieder inkriminierten Gewalterzählungen sind selten Predigttexte. Umso verstörender wirken sie dann auf die, denen sie in der Bibellektüre begegnen. …
In Mt 10,34 steht der Satz Jesu: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ … Der Satz formuliert keine Norm, sondern eine Folge; die Gewalt wird nicht propagiert, sondern als Erfahrung wahrgenommen. Die Unterscheidung von Norm und Realität erweist sich für die biblischen Gewalttexte als grundlegend. Sie zeigt sich oft erst beim zweiten Hinsehen. Es reicht nicht aus, ein biblisches Wort zu zitieren, sondern es bedarf genauerer Blicke auf die Kontexte und die jeweiligen grammatischen und literarischen Formen. Oft klingen biblische Worte und Geschichten auf den zweiten Blick ganz anders als auf den ersten. …
Workshop im Zentrum Bibel des DEKT von Dr. Katrin Keita, Theologin und Journalistin, Dinslaken, und Luise Metzler, Theologin und Erwachsenenbildnerin, Bielefeld
22. Mai 2009 11 – 13 Uhr Congress-Centrum Bremen
Einführender Vortrag, sowie Gesamtablauf mit Material für Arbeitsgruppen (mit dem Ziel, dass die Teilnehmenden selbst Übersetzungsentscheidungen treffen) … Die biblischen Texte sind fremd, sind mir fremd, sind uns fremd. Die Fremdheit der biblischen Texte anzuerkennen bedeutet: Ihnen ihren Ort und ihre Zeit zurückzugeben. Sie sind Zeugnisse der Gottesbegegnungen des Volkes Israel – zunächst und vor allem. Sie sind auf Hebräisch, Aramäisch und Altgriechisch überliefert, in Buchstaben geschrieben, die den meisten von uns unvertraut sind, selbst wenn wir sie zu lesen gelernt haben. Wir können die biblischen Texte nicht bis ins Letzte entschlüsseln. Sie bleiben uns ein Stück unverfügbar. Wir können uns ihrer Bedeutung, ihrem Sinn immer nur annähern. Deshalb sind unsere Übersetzungen, ist jede Übersetzung immer nur der gerade aktuelle Versuch dieser Annäherung…
Ulrike Bail, Mitherausgeberin der Bibel in gerechter Sprache, und Nadine Eder, Musikerin
Verstrickungen.DialogBibelarbeit zu Gen 16,1-16
Die Erzählung von Hagar und Sara in 1 Mose 16 handelt von einem gewaltigen und gewaltförmigen Konflikt zwischen zwei Frauen. Erzählt wird eine Geschichte des Schreckens, die aber auch als Überlebens- und Befreiungserzählung gelesen werden kann. Die Erzählung selbst macht es nicht leicht, dies zu entscheiden. In ihr ist eine Vielstimmigkeit eingeschrieben, die sich einer Lektüre in den Weg stellt, die sich zu schnell auf eine Seite schlägt, ohne die Zwischentöne wahrzunehmen.
Zwischen den Worten und Zeilen stehen Fragen, die nicht zu überlesen sind: Wo sind wir? An welchem Ort? An wem werden wir schuldig? Was ist Freiheit? Ist ein gelingendes Miteinander in der Verschiedenheit möglich? Welchem Gott vertrauen wir?
Gesamtmanuskript der Veranstaltung:
Was steht geschrieben? Die Bibel als Medizin gegen Fundamentalismus
DEKT Bremen, Do. 21. Mai 2009 14:30-16:30 Uhr Congress-Centrum
mit: Frank Crüsemann, Ulrike Hoffmann, Claudia Janssen, Hanne Köhler, Christian Reiser, Peter Steinacker, Ulrike Wagener und der Band Patchwork.
Ein Radio-Kurzbericht über diese Veranstaltung mit wenigen Originaltönen ist zugänglich über die Internetseiten des Evangeliums-Rundfunks vom 24.5.2009.
Teil der DEKT-Veranstaltung: Was steht geschrieben? Die Bibel als Medizin gegen Fundamentalismus
Do. 21. Mai 2009 14:30-16:30 Uhr Congress-Centrum Bremen, Hanse-Saal
Peter Steinacker
Verbietet die Bibel Homosexualität?
Sie haben mir die Frage gestellt, ob die Bibel Homosexualität verbietet. Die Antwort ist ganz einfach und lautet: Ja – und Nein !
Teil der DEKT-Veranstaltung: Was steht geschrieben? Die Bibel als Medizin gegen Fundamentalismus
Do. 21. Mai 2009 14:30-16:30 Uhr Congress-Centrum Bremen, Hanse-Saal
Ulrike Wagener
Warum die Frauen in der Bibel nicht schweigen
In den paulinischen Briefen wird deutlich, dass Frauen sowohl in den Gemeinden vor Ort als auch in der reisenden Missionstätigkeit ganze Arbeit geleistet haben. Paulus macht keinen Unterschied zwischen seiner eigenen Missionstätigkeit als Apostel und der Arbeit der anderen Frauen und Männer, die für das Evangelium Dienst tun.
Frank Crüsemann, Mitherausgeber der Bibel in gerechter Sprache
Der „Fall in die Scham“ – oder: warum Gott die Menschen selbst bekleidet
Bibelarbeit über Genesis 3
DEKT Bremen 2009, Do 21. 5. 2009, Zentrum Bibel
… je bekannter ein Text ist, umso schwerer ist es, auf das zu hören, was er selbst sagt, und nicht nur das herauszuhören, was man schon weiß. … Wie werden die Menschen aus dem Paradies vertrieben, was steht Ihnen als Bild vor Augen? Die europäische Bildtradition ist hier eindeutig: Immer werden sie nackt ausgetrieben, bestenfalls haben sie ein paar Zweige um die Hüften. … haben die Maler nicht gelesen, nicht lesen können oder nicht lesen wollen? In v. 21 heißt es ausdrücklich: „Und Adonaj, Gott, machte selbst für den Menschen als Mann und für seine Frau Gewänder auf die Haut und bekleidete sie.“
… Wie kann so etwas passieren? Da gibt es eine große abendländische Tradition über diesen Text, … offenkundig in Widerspruch zu eindeutigen, klaren Aussagen eben dieses Textes. Ich stelle diese Beobachtung an den Anfang, weil sie eindrucksvoll belegt, was für viele biblische Texte gilt: Die Antworten, die in ihnen gefunden werden auf die großen Fragen des Lebens, diese Antworten berufen sich auf die Bibel. Doch nicht selten sagen die Texte, schaut man genau hin, etwas durchaus anderes und eigenes. Deshalb stellen wir Protestanten die Bibel über jede Tradition – doch wirksam wird diese Überlegenheit nur, wenn man die Differenz auch entdeckt und auf ihr beharrt. …
Teil der Veranstaltung des DEKT Bremen 2009, Zentrum Bibel, Do 21.5.09; 14.30-16.30h,
„Was steht geschrieben? Die Bibel als Medizin gegen Fundamentalismus“
Frank Crüsemann, Mitherausgeber der Bibel in gerechter Sprache
Gelten die Zehn Gebote/Worte auch für Christen? Impuls
… Der Dekalog ist zu Israel gesagt und er verbindet uns Christen mit dem jüdischen Volk. Er verbindet uns aber auch … mit der ganzen Tora, dem ganzen jüdischen Gesetz. Wir sind gewohnt, diese zehn Gebote als die Gebote Gottes zu sehen, als wäre das alles, was Gott geboten hat. Aber die biblische Erzählung geht ja weiter, der Dekalog ist nur der Anfang von Gottes Reden und Gebieten. Zwar spielt er eine besondere Rolle, er wird etwa auf die sogenannten steinernen Tafeln geschrieben. Aber Gott redet weiter. Der Dekalog steht in der Bibel niemals allein. Er ist der Anfang der Gebote Gottes, und Anfänge sind manchmal besonders wichtig. Aber für sich genommen können Anfänge auch missverständlich und manchmal unverständlich sein. Gerade die neutestamentlichen Texte, die die Menschen aus den anderen Völkern auf die Gebote hinweisen, reden nie allein vom Dekalog. Es geht niemals nur um ihn, es geht immer um das ganze Gesetz, besser die ganze Tora. Denkt nicht, sagt Jesus, ich sei gekommen, die Tora und die prophetischen Schriften außer Kraft zu setzen! …
DEKT 2009 Bremen, Fr 22.5.2009, Messehalle 4
Jürgen Ebach, Mitherausgeber der Bibel in gerechter Sprache
„Liebe deinen Nächsten; dies alles bist du selbst…“
Bibelarbeit über Lukas 10,25-37.
… Ein kleines Wort verdient Aufmerksamkeit. Jesus fragt nicht: „Was liest du“ (so in der Lutherbibel), sondern „Wie liest du?“ Die Formulierung enthält etwas für jede „Schriftreligion“ Bedeutsames. Es geht nicht allein um das, was in den normativen Texten steht, sondern immer auch darum, wie man sich auf die normativen Texte bezieht. Lesen ist immer auch Interpretieren. Das kann darin bestehen, einen Satz, ein Wort, ein Gebot in einer bestimmten Weise auszulegen, wobei dann nicht selten Auslegung gegen Auslegung steht. Das kann in der Gewichtung von Sätzen, Worten, Weisungen bestehen, aber auch darin, Worte, die an verschiedenen Stellen der „Schrift“ stehen, in einen Zusammenhang zu bringen. Die Antwort des Toralehrers zeigt eben das, d.h. nicht nur, was er in der Tora liest, sondern wie er liest. Er liest so, dass er zwei Sätze aus verschiedenen Büchern der Tora, aus unterschiedlichen Mosebüchern, zusammenbringt. Beides ist kennzeichnend, das Zitieren und die Quintessenz, die aus diesem komplementären Zitieren folgt: …
DEKT 2009 Bremen, Sa 23.5.2009, Messehalle 4
Jürgen Ebach, Mitherausgeber der Bibel in gerechter Sprache
Der Exodus der Sklavin und das Lebensrecht des Wildesels.
Bibelarbeit über 1 Mose 16.
… Auf Hagar und Ismael beziehen sich Judentum, Christentum und Islam, aber sie tun es auf ihre jeweils besondere Weise. Wir sollten auch hier die Gemeinsamkeiten und die Differenzen wahrnehmen. Dagegen ist die Frage, wer es denn nun richtig erzählt, wenig hilfreich. Das Ziel gemeinsamer Besinnung auf die verbundenen wie getrennten Traditionen kann auch hier so etwas wie ein Konsens im Konflikt sein und im besten Fall eine versöhnte Verschiedenheit. Eben das lese ich auch in unserem Bibelarbeitstext. Gott tritt ein für die Schwachen – auch und gerade, wenn die Schwachen und Verfolgten die Fremden sind.
Die Fragen, mit denen ich diese Bibelarbeit begonnen habe, sind keine bloßen Quizfragen. Hagar, die ägyptische Sklavin ist es, der als erster Person in der Bibel der Bote Adonajs begegnet. Hagar, die ägyptische Sklavin ist es, die zum ersten Mal in der Bibel Gott einen Namen gibt. Und die ägyptische Sklavin Hagar ist es, die zuerst einen Exodus aus dem Sklavenhaus geht. Biblische Theologie, die sich als Befreiungstheologie versteht – und nur sie kann wirklich biblische Theologie sein –, sollte daher der Geschichte der Hagar größte Aufmerksamkeit schenken. …
Luise Schottroff, Claudia Janssen, Mitherausgeberinnen der Bibel in gerechter Sprache
Eine Geschichte über die Liebe. Bibelarbeit zu Lk 10, 25-37
… Ich denke, dass es weiterführend sein könnte, das Gleichnis vom barmherzigen Samariter als Männergeschichte zu lesen.
In dem Gleichnis selbst geht es um unerwartete Reaktionen, um Durchbrechungen von Rollenklischees. Der Samaritaner ist kein Gewalttäter, der Wirt nicht skrupellos. Die religiösen Autoritäten Priester und Levit können dem an sie gerichteten Anspruch hingegen nicht genügen. Zugleich bietet es neue Rollenvorbilder: · der Samaritaner, der sich anrühren lässt, Gefühle zeigt und einen anderen Menschen pflegt und sich um ihn kümmert · der Gastwirt, der nicht nur auf seinen ökonomischen Vorteil schaut · der Samaritaner, der auf einen anderen Mann vertraut
Außerdem zeigt das Gleichnis einen Mann, der Opfer von Männergewalt geworden ist und ermöglicht damit anderen Männern, sich selbst auch in einer bedürftigen Position zu sehen.
Somit wäre die Antwort Jesu an den Toragelehrten doch nicht ganz so einfach, wie sie beim ersten Hören klingt: Geh und handle du entsprechend!
Teil der DEKT-Veranstaltung: Was steht geschrieben? Die Bibel als Medizin gegen Fundamentalismus
Do. 21. Mai 2009 14:30-16:30 Uhr Congress-Centrum Bremen, Hanse-Saal
PD Dr. Claudia Janssen, Pastorin Ulrike Hoffmann, Pfarrerin Hanne Köhler, Pfarrer Christian Reiser
Wie gehe ich damit um, wenn mir jemand Schriftzitate entgegen schleudert?
Selbstverteidigungskurs gegen Fundamentalismus
…Was mache ich denn, wenn jemand sich aufführt als hätte er oder sie Gott im Lehnstuhl zu Hause sitzen und mir Schriftzitate entgegen schleudert? Ich erinnere mich, als mir ein angehender Theologe bei einer inhaltlichen Auseinandersetzung plötzlich an den Kopf warf: Ich als Frau hätte laut Bibel in der Gemeinde ohnehin zu schweigen. Wie gehe ich damit um? Wo anfangen? Auf welcher Ebene lohnt es sich zu argumentieren? Lohnt es sich überhaupt? Wir haben deshalb gedacht, Sie sollen nicht aus dieser Veranstaltung gehen, ohne dazu einfache und pragmatische Tipps zu bekommen. …
Teil der DEKT-Veranstaltung: Was steht geschrieben? Die Bibel als Medizin gegen Fundamentalismus
Do. 21. Mai 2009 14:30-16:30 Uhr Congress-Centrum Bremen, Hanse-Saal
Claudia Janssen, Mitherausgeberin der Bibel in gerechter Sprache
Wie verstehen wir die Bibel „richtig“?
… die Texte der Bibel … sind in einer anderen Zeit, in einem anderen geographischen und kulturellen Umfeld entstanden. Es galten andere gesellschaftliche Regeln. So gehörte zum Beispiel zu der Zeit, als das Neue Testament entstand, Sklaverei zur selbstverständlichen Normalität. Auch viele religiöse Vorstellungen und Vorschriften darüber, was erlaubt ist und was nicht, waren anders als heute – so z.B. im Blick auf Speisen oder Fragen des Zusammenlebens.
Wie kann ich entscheiden, was zeitbedingt ist und damit relativ und was über die Zeiten bis in mein eigenes Leben hinein gültig ist, gültig sein sollte?! …
Vortrag im Rahmen der Veranstaltung: Wie viel Vater braucht der Mensch?
DEKT 2009 Bremen, Freitag, 22. Mai 15-18 Uhr (30 min.)
Jürgen Ebach, Mitherausgeber der Bibel in gerechter Sprache
Biblische Väter
… Was Menschen hören, wenn von Gott als Vater die Rede ist, hängt ganz wesentlich davon ab, wie sie Väter erlebt haben und erleben. Biblische Vätergestalten zeigen die ganze Bandbreite von Macht und Gewalt auf der einen und – fast mehr noch – Hilflosigkeit und Ohnmacht auf der anderen Seite. Ich habe mich auf alttestamentliche Väter beschränkt, doch das Neue Testament verändert das Bild kaum. Biblische Väter sind eher Urbilder als Vorbilder für Vaterrollen. Wenn wir heute versuchen, in diesen Vätern, Vaterbildern und Väterrollen unsere gegenwärtigen Erfahrungen zu spiegeln, dann tun wir eben das, was zur Ausbildung der biblischen Geschichten selbst führte, nämlich die eigenen Erfahrungen in alte Geschichten zu fassen, Erfahrungen des Gelingens und des Scheiterns. … Ein halbstündiger Radiobeitrag mit Originaltönen von Jürgen Ebach, ausgehend von diesem Vortrag, wurde in DRS 2 in der Sendung Perspektiven am 14.6.2009 gesendet.
Teil der Bibelarbeit im Trialog
23. Mai 2009 Bremen, Messegelände Halle 7
Prof. Dr. Micha Brumlik, jüdischer Religionsphilosoph, Frankfurt/Main
Rabeya Müller, Pädagogin und Islamwissenschaftlerin, Köln
Prof. Dr. Angela Standhartinger, Theologin, Marburg.
Bibelarbeit über Apg 17,16-34,
31. DEKT, Köln, Zentrum Bibel, 9. 10. 2007
Prof. Dr. Frank Crüsemann, Mitherausgeber
… Den Menschen das Evangelium auf dem Markt, mitten in der Vielfalt anderer Wahrheiten so zu sagen, dass sie es verstehen, heißt nicht sich von biblischen Wahrheiten zu verabschieden. Eine solche Anpassung enthält vielmehr die Chance, die eigene Wahrheit neu zu entdecken. Bisher übersehene, gerade störende und vergessene, querstehende und unbequeme Aspekte der biblischen Vielfalt mit den Menschen und für sie neu zu entdecken, kann höchst spannend sein. Denn der Gott der Bibel ist wirklich immer auch eine uns unbekannte Gottheit, die ganz neu zu entdecken ist. Das kann den Weg in die Herzen bahnen.
Eingangsstatements zur Veranstaltung
Propheten: Kritiker, Hellseher, Stimme Gottes?
31. DEKT Köln 2007, Zentrum Juden und Christen, 8. 6. 2007
Prof. Dr. Frank Crüsemann, Mitherausgeber
Dabei geht es um:
I. Die biblische Prophetie
II. Aspekte des christlichen Umgangs mit der biblischen Prophetie
PD Dr. Ulrike Bail, Mitherausgeberin
8. Juni 2007 DEKT Köln
Ist es immer so einfach zu erkennen, wer wahr spricht und wer lügt? Wessen Wort ist zu trauen? Trägt das Wort, das er, das sie vorträgt? Wie lange hält ein Wort? Hält es den Schmerz aus, die Freude? In wessen Wort steht Gott? …
Die Bibel in unserer Zeit lesen, bedeutet die Stimmen der Bibel zu übersetzen in unsere Sprache und unsere Zeit. Es wird dabei nicht bei einer Fassung bleiben, denn es ist ein Prozess, der nie abgeschlossen sein wird. Es bleibt Auslegung und Interpretation, ein Ringen um das Wort, das hält, das Wort, das sich ins eigene Leben schreibt, das mit dem eigenen Leben unterschrieben werden kann.
Prof. Dr. Luise Schottroff, Mitherausgeberin
Statement im Rahmen der Veranstaltung
„Bibel in gerechter Sprache – neun Monate danach Erwartungen und
Erfahrungen“
Zentrum Bibel
31. Deutscher Evangelischer Kirchentag in Köln
8. Juni 2007
… Es gibt eine christliche Aufbruchsbewegung in diesem Land, die niemand verordnet hat und niemand plant. Für Menschen, die sich an diesem Aufbruch beteiligen, ist die BigS häufig eine Unterstützung. Diese Aufbruchsbewegung entsteht dort, wo Menschen sich für Fragen weltweiter Gerechtigkeit engagieren, wo Frauen nicht müde werden, die Sicht von Frauen einzubringen, wo Menschen sich auf den christlich-jüdischen Dialog einlassen. Sie fangen etwas mit dieser Bibel an, sie lesen sie kreativ und diskutierend, z.B. im Vergleich mit einer anderen Übersetzung. So entsteht neues theologisches Nachdenken, im Dialog mit der Bibel. Die Bibel hat immer wieder in ihrer Geschichte diese Bedeutung gehabt: Schule der Gerechtigkeit, Quelle geistlicher/spiritueller Sprache für diejenigen, die nach spiritueller Sprache hungern…
Wir sind umgeben von der Schönheit der Schöpfung — wir leben als Ebenbilder Gottes auf einer reichen Erde. Unser Blick wird abgelenkt vom Eigentlichen, wir starren auf die Monumente der Macht. Paulus lenkt den Blick auf die Schönheit der Menschen. Die anderen Menschen, die Geschöpfe neben mir und ich selbst, wir sind die Quelle der Gotteserkenntnis.
Die Bibel in gerechter Sprache ist u.a. dafür angegriffen worden, dass sie die Hoheitschristologie durch Wörter wie Kind Gottes für Jesus beiseite lässt. Diese Kritik macht es sich zu einfach. Der Bruder Jesus ist Gottes Kind wie wir alle Gottes Kinder sind, und doch der Bruder, in dem Gott für uns gegenwärtig ist. Er ist ein Alltagsjesus, wie uns diese Geschichte zeigt, ein nüchterner Mann, der Gott auf die Erde holt, ganz nah zu uns. Deshalb nennen wir ihn Christus, den Messias, weil Gott in ihm uns nahe kommt, weil er Gott verkörpert, ihm einen Alltagskörper gibt.
Dr. Marlene Crüsemann, Mitherausgeberin
im Rahmen des Zentrums Feministisch-theologische Basisfakultät beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Köln
… Die Worte der Bibel werden von Gott auch in den Mund von Menschen gelegt. Menschen sollen das Wort Gottes auslegen in ihre Wirklichkeit hinein und danach leben. Die Pluralität der Menschen und Zeiten macht es unausweichlich, dass darüber nicht immer, nur teilweise Einigkeit herrschen kann, dass darüber diskutiert und auch gestritten werden muss.
Wir haben also das Wort. Aber weil es das Wort Gottes ist, hat es in Wirklichkeit uns…
Prof. Dr. Martin Leutzsch, Mitherausgeber
im Rahmen des Podiums:
„Allein die Schrift – aber welche? Die Bibel in gerechter Sprache im
Streitgespräch“
31. Deutscher Evangelischer Kirchentag in Köln
8. Juni 2007
Aufgabe war im Gegenüber zum Kritiker Prof. Dr. Jens Schröter darzustellen, wie die ›Bibel in gerechter Sprache‹ mit dem Problem des Antijudaismus umgeht. Als Beispiele werden Röm 3 und Joh 8,44 verwandt
Prof. Dr. Jürgen Ebach, Mitherausgeber
In einem Vortrag im Rahmen der AG Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Köln beleuchtet Jürgen Ebach die Vielfalt der biblischen Zeugnisse und somit auch eine der hermeneutischen Grundfragen jeder Bibelübersetzung.
… Das eine steht geschrieben und das andere auch. Und was ist wahr? Schließen ›Wahrheit‹ und ›Widerspruch‹ einander aus oder gibt es auch eine Wahrheit im Widerspruch. Darum soll es nun im Blick auf verschiedene Formen von Widersprüchen in und mit der Bibel gehen. Von inneren Widersprüchen soll die Rede sein, von Stellen, an denen die ›Schrift‹ der ›Schrift‹ ins Wort fällt, aber auch davon, dass die Bibel nicht selten dem widerspricht, was wir heute wissen oder für richtig halten, und schließlich auch davon, ob man biblischen Worten widersprechen darf, ohne damit die ›Schrift‹ als Grundlage von Glauben und Leben preiszugeben…
Alle, die an der Kirchentagsübersetzung für den DEKT in Köln mitgearbeitet haben, sind auch Übersetzerinnen und Übersetzer der ›Bibel in gerechter Sprache‹. Jürgen Ebach erläutert, warum sie sich die Mühe gemacht haben, die sieben für den Kirchentag zentralen Bibeltexte dennoch neu zu übersetzen.
Wir dokumentieren einen Ausschnitt aus seiner Bibelarbeit zu Mt 4.
Im Rahmen einer weiteren Bibelarbeit zu Apg 17 begründet Jürgen Ebach, warum hier tines de andres mit ›einige‹ zu übersetzen ist, (anstatt mit ›einige Männer‹) und was es bedeutet, dass ›sie begannen, darauf zu vertrauen‹ übersetzt wurde (und nicht z.B. ›sie wurden gläubig‹).
Claudia Janssen, Mitherausgeberin
Von einer besonderen Erfahrung der letzten Jahre möchte ich nun berichten und ich getraue mich sie heilig zu nennen: die Erfahrung der Arbeit an der Bibel in gerechter Sprache. Eine Zusammenarbeit, die immer „mehr“ war als das, was die einzelnen zusammengetragen haben.