pater (griech.) – Vater, Vater und Mutter, Ursprung.

Das griech. Wort bezeichnet die biologische Vaterrolle (Mk 15,21), im Plural oft auch die Rolle beider Eltern (Hebr 11,23) oder der Vorfahren allgemein (Apg 3,13). Zur biologischen Vaterrolle kommen bestimmte soziale und rechtliche Aufgaben hinzu, vor allem die Versorgungs- und Schutzpflicht gegenüber der ganzen Familie, auch die – mit der Mutter geteilte – Sorge für die Ausbildung der Kinder und für die Übermittlung der religiösen Tradition. pater kann auch eine respektvolle Anrede an Ältere (Apg 22,1) sein. Manchmal wird der Ursprung einer Verhaltensweise (Joh 8,44) oder einer Gruppe (Röm 4,11) mit pater bezeichnet (Entsprechendes gilt für griech. meter Mutter Gal 4,26).

Nach dem Vorbild der hebräischen Bibel (Dtn 32,6; 2 Sam 7,14; Ps 68,6; 89,27; Jer 31,9; Mal 1,6; 2,10 u. ö.) und der deuterokanonischen Schriften (Sir 23,1.4; 51,10) wird im NT Gott als pater bezeichnet. Die weithin übliche Übersetzung Vater wird hier zum Problem, denn in der Geschichte der Kirche ist mit der Rede von Gott als Vater oft patriarchale Herrschaft begründet worden, in Form einer Linie, die vom Hausvater über die Stadtväter und den Landesvater bis hin zu Gottvater verläuft. Zugleich ist oft vergessen worden, dass es sich hier um eine bildliche Redeweise für den bildlosen Gott handelt (Ex 20,4-6; Dtn 4,16), und dass Vater in der Bibel eine bildliche Redeweise für Gott neben vielen anderen ist. Zu solchen Metaphern und Vergleichen für Gott gehört in der Bibel auch Mutter (Jer 2,27; Jes 49,15; 66,13; vgl. Hos 11,1-9; Sir 4,10).

Um dem Missverständnis vorzubeugen, dass Gott in der Bibel eine patriarchale oder Patriarchat rechtfertigende Größe wäre und um eine bis heute dominierende androzentrische Festlegung Gottes aufzubrechen, können verschiedene Möglichkeiten gewählt werden:

pater kann als Bezeichnung der Elternrolle verstanden werden. Weil es im Deutschen (anders als im Englischen) keinen Singular von Eltern gibt und Elternteil bedeuten würde, dass nur ein Teil, nicht das Ganze im Blick ist, bietet sich eine Übersetzung mit Vater und Mutter an, wo von Gott als pater die Rede ist (Mt 6,14) oder Gott als pater angeredet wird.

Dass pater eine bildliche Rede ist, kann die Übersetzung durch ein vorangestelltes wie deutlich machen (Joh 5,43).

Aus Respekt vor dem biblischen Bilderverbot kann pater mit Gott wiedergegeben werden (Mk 11,26).

Um ein biologistisches Missverständnis von Gottes Elternschaft auszuschließen, kann ein für uns oder für euch ergänzt werden (Mt 6,8). Demselben Ziel dient die abstraktere Wiedergabe von pater mit Ursprung (Mk 14,36; Röm 1,7; 1 Kor 15,24; vgl. Paul Gerhardts Lied Ich singe dir mit Herz und Mund: Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut). Der jeweilige Textzusammenhang macht deutlich, dass damit der biblische Gott gemeint ist, nicht eine unpersönliche, abstrakte Größe.

Mit der Rede von Gott als Vater verbindet sich in der Jesusüberlieferung die Absage an patriarchale Herrschaftsstrukturen in der menschlichen Welt. Die Gemeinschaft um Jesus kennt Bruder-, Schwester- und Mutterrollen, aber keine menschliche Vaterrolle (Mk 3,31-35). Wer Jesus nachfolgt, verlässt Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder und erhält im Zug der Nachfolge neue Geschwister, Mütter und Kinder – nicht aber neue Väter (Mk 10,28-31). In Mt 23,9 fordert Jesus sogar dazu auf, auf die Vateranrede für Menschen zu verzichten. Vater kann in einem solchen Beziehungsgefüge ausschließlich Gott sein. (M. L.)