kadosch (hebr.), hagios (griech.) – heilig, ausgesondert, Gott zugehörig.

In seiner Berufungsvision sieht der Prophet Jesaja Gott als eine die ganze Welt regierende königliche Gottheit in ihrem Tempel auf einem bis in die Höhe ragenden Thron, umgeben von geflügelten Mischwesen, die Gott mit einem dreifachen Ruf als heilig (kadosch) preisen (Jes 6,3; vgl. Offb 4,8). Das Heiligtum repräsentiert die Gegenwart Gottes auf der Erde und bildet das Zentrum, auf das hin alles orientiert wird und das Leben in seiner Fülle garantiert. Das hebr. Wort(-feld) kadosch bedeutet heilig werden, heilig sein. Heiliges wird von Profanem unterschieden (Lev 10,10), es ist anders und über das Heilige kann nicht verfügt werden (2 Sam 6).

Als heilig gilt, wer an der Heiligkeit Gottes Anteil bekommt. Dies können Orte (Ex 3,5; Jos 5,15), Gegenstände (Ex 40,9; Lev 27), Tiere (Lev 27), Zeiten und Menschen sein. So werden z. B. die Menschen, die die Katastrophe der Zerstörung Jerusalems überlebt haben, als heiliger Rest bezeichnet (Jes 4,3). Um gemeinsam an einem Mahlopfer teilzunehmen heiligen sich Menschen (1 Sam 16,5). Dies gilt ganz besonders für Frauen und Männer, die sich zeitlich begrenzt für den Dienst an Gott heiligen und ihre Lebensgestaltung vorbehaltlos an Gott ausrichten (Num 6). Die Überzeugung, dass Gott Israel erwählt hat, führt zu der Rede von der Heiligung des Volkes: Das Volk Israel gehört Gott ganz persönlich (Dtn 7,6; 14,2). Die Heiligkeit des Volkes wird dabei nicht so sehr als Zustand verstanden, sondern als Aufforderung zu ethischem Handeln (Lev 19 – 20). Heiligkeit bedeutet eine soziale Verpflichtung für jede und jeden Einzelnen (Num 15,40) in allen Lebensbereichen und entspricht der engen Verbindung von Gerechtigkeit und Heiligkeit auf Gottes Seite (Jes 5,16).

Für die Heiligung der Zeit ist bes. der Sabbat zu nennen (Gen 2,3; Ex 20,8). Dieser Tag ist nicht heilig, weil er besser ist, sondern weil er anders ist und sich vom Alltag abhebt. Der Sabbat gilt als Zeit, die an die Schöpfung (Ex 20,8) und die Befreiung aus Unterdrückung (Dtn 5,12) erinnert, um den Alltag und seine gewinnorientierte Produktivität zu unterbrechen. Ein Raum kann dadurch heilig werden, dass Menschen ihn aufgrund ihrer besonderen Erfahrung an diesem Ort heilig nennen, ihn rituell begehen und davon erinnernd erzählen (z. B. Gen 28).

Die Jesusbewegung steht in der Tradition der atl. Gedanken über Heiligung als gottgemäßes Handeln im Alltag (Röm 7,12). Die Mitglieder der Gemeinde werden heilige Geschwister genannt (Röm 1,7) und der heilige Kuss lässt diese Heiligkeit im Alltag spürbar werden (Röm 16,16; 1 Kor 16,20; 1 Thess 5,26). Hinter der Vaterunserbitte um die Heiligung des Gottesnamens (Mt 6,9; Lk 11,2) steht die atl. Vorstellung, dass Gott und Gottes Name heilig (hagios / kadosch) sind (z. B. Ez 36,23). Die Geistkraft der Heiligkeit ermöglicht den Gläubigen ein gottgemäßes Leben (Röm 8). Das Geschenk der heiligen Geistkraft (↑ ruach) bewirkt die lebendige Verbindung der Glaubenden zu Gott und untereinander (Apg 2). (U. B.)