euangelion (griech.) – Freudenbotschaft, frohe Botschaft, Evangelium.

In Lk 4,16-21 legt Jesus Jes 61,1 f aus: Heute hat sich diese Schrift in euren Ohren erfüllt (Lk 4,21): Jesus ist der Gottesbote, der die Befreiung der Armen und Gefangenen in Israel und der ganzen Welt zur Tat werden lässt. So hat das Wort euangelion, bzw. das entsprechende Verb, im NT vor allem die Bedeutung: Freudenbotschaft von Jesus, dem Messias, der das Evangelium der Armen und Gefangenen bringt. Diese Freudenbotschaft wird in den Seligpreisungen mit anderen Worten ausgedrückt: Glücklich seid ihr Armen, denn die Königsmacht Gottes ist auf eurer Seite! (Lk 6,20). Mt 5,3 preist die Armen, denen sogar das Gottvertrauen genommen wurde, selig, meint damit Armut im umfassenden Sinne: Menschen, die hungern und krank sind und deren Gottesbeziehung zerstört ist. Das Wort wird zu einem Schlüsselbegriff des frühen Christentums und knüpft vor allem an den 2. und 3. Teil des Jesajabuches an. Mk 1,1 beginnt mit den Worten Anfang des Evangeliums von Jesus, dem Messias. Ursprünglich war damit die Freudenbotschaft Jesu und über Jesus im beschriebenen Sinne gemeint. Im Laufe der Zeit wurde aus diesem Buchanfang der Wortsinn Evangelium, d. h. ein Text, ein Buch über Jesus, den Messias, abgeleitet.

Im NT ist das Wort euangelion durchweg im politischen Kontext des Römischen Reiches zu hören. Es war ein Propagandawort der römischen Kaiserideologie und bezeichnete z. B. die Freudenbotschaft vom Geburtstag des Kaisers. In diesem Kontext gewinnt das Wort im NT einen deutlichen politischen Akzent: Die Freudenbotschaft Jesu bringt die Befreiung der Armen und Gefangenen und widerspricht der Kaiserideologie mit ihrer Behauptung eines weltweiten Friedens, der auf Kosten der Armen und der Freiheit der unterworfenen Völker militärisch erzwungen wird. Dieser politische Akzent des Wortes ist in der heutigen Sprache verloren gegangen, da das Wort in der politischen Herrschaftsideologie keine Rolle mehr spielt. Die verschiedenen Dimensionen des biblischen Wortes sind also nur durch Vergegenwärtigungen zurückzugewinnen, die das Wort in die politische und ökonomische Gegenwart einbringen. (L. S.)